Mauth. "Kinder fragen selten mehrmals, ob man mitspielen will", weiß Rektorin Monika Holzmann von der Grundschule Mauth. "Wenn wir sehen, dass Ariet (Aghiad) alleine auf dem Pausenhof ist, moderieren wir natürlich und bringen ihn in die Gemeinschaft zurück." Für das 8jährige Flüchtlingskind Ariet, das mit seinem 16jährigen Onkel alleine über viele Monate von Afghanistan unterwegs war, ist der Umgang mit Gleichaltrigen nicht schwierig: "Er guckt sich das Miteinander von den anderen ab", so Holzmann. "Wie selbstverständlich nimmt er die Hand von Mädels beim Musikkreis." Integration ist das Motto der Zukunft. Ariet hat wohl die besten Voraussetzungen dafür. Aber wie sieht es mit seinen anderen 26 "Kollegen" aus der Caritas Nachfolge-Einrichtung für unbegleitete Flüchtlinge aus? Sie sind alle zwischen 13 und 17 Jahren. Was bedeutet der Schulbesuch in Hohenau und Freyung für die Jugendlichen? Aktuell werden 11 Jugendliche in Hohenau in einer sogenannten Willkommensklasse in Deutsch fit gemacht. 14 neue Schüler sind in der Freyunger Mittelschule. Einer besucht den Unterricht in der Grafenauer Don-Bosco-Schule. "Ich kann jetzt nur für die Zeit seit Juli sprechen", so der ehrenamtliche Sprach-Trainer und Hohenauer HS-Lehrer a.D., Michael Groll. "Die Jungs waren super wissbegierig und motiviert, Sie haben viel hinterfragt." Ungeheuer höflich den Erwachsenen gegenüber verhalten sich die jungen Neu-Mauther. "Und das trotz des sogenannten ‚Flegel-Alters‘ - das ist wirklich sehr auffällig!", attestierte Groll. Zügig nach der Ankunft im Bayerischen Wald wurden die Jugendlichen im zugeschnittenen Sprach-unterricht in 2 Klassenräumen der Mauther Grundschule fit gemacht. "Super unkompliziert hat die Schule uns diese Möglichkeiten kostenlos zur Verfügung gestellt." Gemeinsam mit den Pädagogen Gudrun Peters (Finsterau), Hans Eller (Heinrichsbrunn) und der Lehramtsstudentin Lisa Friedl (Kirchl) wurden die Jungs auf den neuen Lebensraum "Schule" vorbereitet - ehrenamtlich. Lisa Friedl betreut auch weiterhin die Sprachklasse in Hohenau mit. "In der Universität werden wir darauf nicht vorbereitet", stellte Friedl fest. "Aber in Zukunft wird diese Herausforderung an uns Lehrer immer wieder gestellt werden." Um die vielen Fragen - trotz der Sprachbarriere - richtig beantworten zu können, brauchte es auch jemanden der in den afghanischen Hauptsprachen auch Dolmetschen kann: Adib Said übersetzt in St. Benedikt aus den Amtssprachen "Dari" und "Pashtu". "Das ist sehr, sehr wichtig", erklärte Wolfgang Graßler. Er leitet beim Kreis-Caritasverband alle UMF-Wohngruppen im Landkreis. "Schließlich ist ja nicht immer alles ‚eitle Wonne, Sonnenschein‘. Da muss auch mal Klartext gesprochen werden!" Die Jugendlichen hatten anfangs schon mal versucht, sich Zigaretten oder Alkohol zu kaufen. "Aber durch die wirklich schnelle und gute Kommunikation mit der Bevölkerung wurden wir zügig darüber informiert und konnten sofort darauf reagieren: und somit den Jungs klar machen, dass das vom Jugendschutz hier bei uns nicht erlaubt ist!" Gerade der unverstelleKontakt zur heimischen Bevölkerung wertet der Pädagoge als "A & O" in Sachen Integration. Die Arbeit von Institutionen sei schließlich immer auch begrenzt: Man übernehme die Versorgung für Kleidung, Essen und Medizin. Auch für sinnvolle Freizeitgestaltung und Schulbesuch kann geregelt werden. "Dass das Miteinander zwischen den Jugendlichen und der Bayerwaidlern funktioniert - das liegt zum großen Teil auch an der Bereitschaft der Einheimischen, die neuen Bürger in Vereine und Dorfkultur aufzunehmen." Das kann aber nur minimal moderiert werden. "Unsere Arbeit mit den jungen Flüchtlingen ist letztendlich nicht viel anderes, als bei deutschen Jugendlichen, deren Elternhaus sozusagen ‚abwesend‘ ist und die Erziehungsarbeit nicht leisten kann", urteilte Anna-Sophie Haidn (pädagogische Fachdienstleitung der UMF-Einrichtungen). "Wichtig, damit die jungen Menschen ihren Platz hier finden, sind Freunde, die ihnen unsere Gesellschaft in der Praxis vermitteln!" Super fände die junge Sozialpädagogin, wenn sich (männlich!) Paten für ihre Schützlinge in Sportclubs, Feuerwehr und beim BRK finden ließen. "Dann würde unseren Jungs ganz schnell wissen, wie unsere Welt hier ‚tickt‘: Was geht und was nicht!"
Bildunterschriften: lehrer_stBENEDIKT.jpg: Sie haben die jungen unbegleiteten Flüchtlinge über den Sommer fit für die Schule gemacht (v.li. Michael Groll, Gudrun Peters, Hans Eller und Lisa Friedl. Schulvorbereitung_mauth.jpg. Jubel für die bestandene Deutschprüfung in der Mauther Schule: Alle 27 Jugendlichen der Jugendhilfe St. Benedikt in Mauth werden seit dem 14. September an den staatlichen Schulen in Mauth, Hohenau, Freyung und Grafenau unterrichtet. Ariet_tv.jpg: Wie funktioniert das mit den Hausaufgaben? Ariet besucht in Mauth die Grundschule. Seine Betreuer helfen (vorerst noch) bei den Hausaufgaben. Diese Tage sogar unter "Beobachtung" eines Kamerateams. Links: Anna-Sophie Haidn.
Unbegleitete Minderjährig
"Gute Freunde gesucht!"
Erschienen am:
05.10.2015
Beschreibung