FRG | Seit 28 Jahren ist Julia Lorenz an der Caritasschule St. Elisabeth in Freyung angestellt. Die Schule ist in Trägerschaft des Kreis-Caritasverbandes Freyung-Grafenau e.V., ein Förderzentrum für Kinder und Jugendliche mit geistigen, kognitiven und / oder körperlichen Beeinträchtigungen.
Von Anfang an hatte Julia Lorenz die stellvertretende Schulleitung inne. Ab dem neuen Schuljahr wird Julia Lorenz nun vom Bayerischen Kultusministerium auch die Konrektorinnen Position zuerkannt. Eine reine Formalie für die leidenschaftliche Sonderpädagogin, die nicht glaubt, dass sich nun in ihrem Arbeitsalltag grundlegend etwas ändern wird. "Gerade im Bereich Schule und Betreuung ist eine klare Rechtssicherheit notwendig", weiß die hauptberufliche Caritas-Vorständin Alexandra Aulinger-Lorenz. "Nicht zuletzt die Corona-Zeit hat uns das immer wieder deutlich vor Augen geführt! Gut, dass das Ministerium uns in dieser Argumentation gefolgt ist."
Schon seit Jahren ist Julia Lorenz auch federführend an der Caritasschule St. Elisabeth, wenn es um selbst bestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ihrer Schüler*innen geht. Julia Lorenz leitet seit vielen Jahren dort die Berufsschulstufe und wirkt mit viel Herzblut somit intensiv am Übergang von der Schule zum Beruf mit. Viele Schülergenerationen konnte die erfahrene Pädagogin dabei erfolgreich begleiten.
Neben ihrer Rolle als stellvertretende Schulleiterin ist Lorenz auch als Sportbeauftragte aktiv: Sie organisiert vielfältige Sportgruppen und Wettkämpfe, um die Bedeutung von Bewegung und Teamarbeit zu betonen. Doch ihr Engagement geht über den Sport hinaus.
Die politische Bildung, Erziehung zur Demokratie und Selbstbestimmung liegen ihr ebenfalls am Herzen, weshalb sie sich besonders für die Schülermitverantwortung (SMV) einsetzt.
Für Julia Lorenz ist der Beruf der Sonderpädagogik eine wahre Berufung. Der Umgang mit jungen Menschen und verschiedenen Berufsgruppen bereichert ihr Leben enorm. In diesem Umfeld wird viel gelacht, und die Menschlichkeit steht klar im Zentrum. Sie genießt es, Verantwortung zu übernehmen, aber sie weiß auch, dass ein solch großes Schiff nur im Team gesteuert werden kann. Nach einem turbulenten Schuljahr führten wir mit der neuen Konrektorin ein kleines Interview:
Frau Lorenz, Sie sind eine ausgewiesene Fürsprecherin für einen entsprechend höflichen und wertschätzenden Umgangston. Das formelle "Sie" ab 16 Jahren gehört dazu: Warum ist das so wichtig?
"Schule bildet. Und es gehört zur Allgemeinbildung, dass wir verschiedene Höflichkeitsformen kennenlernen. Hierzu gehört auch die Verwendung des ‚Sie‘. Aber auch das gesellschaftliche Bild ändert sich in Bezug auf unsere Schüler*innen mit geistiger Behinderung. Das ‚Sie‘ wertet auf und macht aufmerksam, dass auch Menschen mit geistiger Behinderung vollwertig anzusprechen und anzusehen sind."
Warum bewerten Sie die sportlichen Neigungsgruppen wie Basketball, Schwimmen oder Tanzen als so wichtig für Ihre Schüler*innen?
Bewegung fördert das Gehirn, verbindet, fördert die Teamfähigkeit, ist gesund und macht vor allem auch Spaß. Das ist für alle jungen Menschen gleich wichtig - egal mit oder ohne Behinderung.
Frau Lorenz, Sie sind gerade bei der Berufsschulklasse moderierend bei der beruflichen Entscheidung und bei selbst bestimmtem Wohnen tätig. Was sind Ihrer Meinung hier die größten gesellschaftlichen Hemmnisse?
"Die größten gesellschaftlichen Hemmnisse sind fehlende soziale Einstellungen und die vordergründige Gewinnoptimierung in Bezug auf das Geld. Auch der Zeitfaktor und fehlende personelle Ressourcen machen eine Integration unserer Schüler in das Arbeitsleben nicht immer leicht. In der Berufsschulstufe ist unser größtes Ziel die Selbstständigkeit sowie die Selbstbestimmtheit. So gehört auch das Themenfeld Wohnen zu einem unserer größten Lernfelder. Nur wer sich auskennt, kann auch selbst entscheiden! Aus diesem Grund bieten wir unter anderem das Wohntraining an und lernen verschiedene Möglichkeiten des Wohnens kennen. Sowas funktioniert nur mit einem engagierten Team in den Klassen."
Was bedauern Sie im Augenblick - was fehlt Ihnen - in Ihrer momentanen Arbeitssituation?
"Momentan vertrete ich unseren Schulleiter. Da fehlt es an allen Ecken an Zeit. Insgesamt würde ich mir wünschen, dass die Förderzentren mehr Sonderpädagogen für den Unterricht bekämen. Dies würde die Qualität nochmal erheblich steigern. Dadurch wäre dann auch noch mehr möglich."
Wie hat sich die Elternarbeit in Ihrer Erfahrung gewandelt?
"Wir haben in unserer Einrichtung eine sehr enge, gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unserer Elternschaft. Hierauf legen wir auch sehr viel Wert. Insgesamt hat sich die Einstellung der Eltern etwas geändert. Diese wünschen deutlich mehr Mitsprache, was grundsätzlich sehr gut ist, aber nicht immer leicht zu gestalten ist."
Was würden Sie sich für das "Empowerment" Ihrer Schützlinge konkret wünschen?
"Mein größter Wunsch wäre es, wenn die Gesellschaft alle Menschen und eben auch Menschen mit geistiger Behinderung als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft ansehen würde."
Frau Lorenz, wir bedanken uns für das Gespräch!
Profil Juli Lorenz:
Julia Lorenz studierte Lehramt der Sonderpädagogik mit der Fachrichtung Geistigbehindertenpädagogik an der LMU München. "Ich liebe meinen Beruf und könnte mir keinen besseren vorstellen. Der Umgang mit jungen Menschen und Berufsgruppen unterschiedlicher Profession bereichert mein Leben enorm: Hier wird viel gelacht und die Menschlichkeit steht klar im Zentrum des Geschehens. Ich halte gerne die Zügel in der Hand, weiß aber, dass man so ein großes Schiff nur zusammen im Team steuern kann.
Julia Lorenz wohnt in Grafenau, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne.
In ihrer Freizeit liebt Julia Lorenz in der Natur zu sein und geht leidenschaftlich gern wandern. Hier fühlt sie sich geerdet und kann zur inneren Ruhe finden. Außerdem engagiert sich die Grafenauerin ehrenamtlich im Bereich des Tanzes und leitet derzeit zwei Gruppen für "Modern und Country Line Dance." Die Verbindung Tanz, Bewegung, Musik und Rhythmus findet Julia Lorenz "klasse". Hier schalte ich ab und bin frei wie ein Vogel!"
Bildunterschriften © privat | Caritas FRG:
Teaserbild und Foto 1: Vorstand und Fachgebietsleitung der Heilpädagogischen Tagesstätte gratulieren Julia Lorenz zur Stellvertretenden Schulleitung. Foto (v.li.): Heide Hohenwarter (Fachgebietsleitung Heilpädagogische Tagesstätte)., Alexandra Aulinger-Lorenz (hauptberufliche Vorständin), Julia Lorenz (Stellv. Schulleiterin), Florian Kasparak (geschäftsführender Vorstand) und Daniel Pauli (Fachgebietsleitung Heilpädagogische Tagesstätte).
Foto 2:
Jedes Mal ein großes Fest: das Maibaumaufstellen am Förderzentrum für Geistige Entwicklung in der Freyunger Ludwig-Penzkofer-Straße.
Foto 3:
Diese zehn Absolvent*innen beenden den Lebensabschnitt "Schule" und machen sich auf den Weg in ihr Arbeitsleben: Anna Weber, Patricia Scheichenzuber, Marcel Grna, Sina Friede, Kevin Drexler, Simone Mühldorfer, Marcel Grünzinger, Leonie Stettmaier, Chantal Meyenberg und Fabian Lichtenauer.
Foto 4:
Sich erfolgreich beim Sport mit anderen messen. Schwimmen wird am Caritas Förderzentrum in Freyung sehr gefördert.